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Das Talentlabor


01. Dezember 2015

Anne Delseth, coordinatrice du Master ECAL/HEAD, nous parle de l'enseignement du cinéma à l'Ecole d'art cantonale de Lausanne dans son ensemble et plus particulièrement du programme dont elle est l'organisatrice.

Anne Delseth, Koordinatorin für die Masterausbildung bei ECAL/HEAD, über die Filmausbildung an der Ecole cantonale d'art in Lausanne und das von ihr organisierte Ausbildungsprogramm. 

Von Winnie Covo

Vor einem Jahr haben wir die Serie über Filmhochschulen der Schweiz begonnen, hier nun die Fortsetzung mit einem Bericht über die Abteilung Film an der ECAL. Ihr 2006 ins Leben gerufener Masterstudiengang bietet den Studenten mit dem Anschluss an die Waadtländer Kunsthochschule und an die Abteilung «Cinéma du réel» der Genfer HEAD eine ganz besondere Ausbildung.
Die Abteilung Film wird seit 2002 vom Filmemacher Lionel Baier geleitet und von diesem seither immer wieder als Talentlabor bezeichnet. Eine Art Labor – genau das ist die ECAL, trotz ihres akademischen Status: Während andere Schulen wie die HEAD dem «Cinéma du réel» oder Luzern (mit seinen Studienrichtungen Video und Animation) eher dem Dokumentar- und Experimentalfilm sowie dem Animationsfilm zugewandt sind, bleibt der Bachelor der ECAL für alle Genres offen. 
«Es gibt Ateliers zum Dokumentar- und zum Spielfilm. Jeder Student muss ein Projekt pro Genre realisieren und wählt dann für seine Diplomarbeit definitiv ein Format», erklärt Anne Delseth, Koordinatorin des Masters ECAL/HEAD und fügt hinzu, dass auch das Fernsehen einen wichtigen Platz einnehme, obwohl der Kinofilm das Herzstück der Lehre sei. 
Die Studierenden werden ermutigt, alles Mögliche auszuprobieren und sind so ständig in ihrer Neugier gefordert. Das Bachelor-Programm richtet sich an Studierende, die sich für das bewegte Bild im weitesten Sinn interessieren, sei es nun Spiel, Dokumentar-, Experimental- , Auftragsfilm oder Fernsehformate. Und auch wenn der Studiengang hauptsächlich auf Regie setzt, können die Bachelor-Studenten die Optionen Drehbuch oder Kamera wählen. 
 

Die Suche nach Koproduzenten 

Eine weitere Spezialität der Abteilung im Vergleich mit den andern Schulen sind die obligatorischen Pitchings für die Bachelor- und Master-Studenten. Diese müssen in der Vorproduktions­phase ihre Diplomarbeit vor einer Gruppe von Deutsch- und Westschweizer Produzenten präsentieren – manchmal sind auch Franzosen dabei. Ziel ist es, sich dadurch Sichtbarkeit und ein Netzwerk zu schaffen und die Suche nach Koproduzenten zu erleichtern. Denn man geht davon aus, dass die Diplomarbeiten je länger je mehr als Koproduktionen realisiert werden. In Kursen und Ateliers mit namhaften Fachleuten können sich die Studenten vertiefte Kenntnisse verschiedener Bereiche wie etwa Inszenierung, Schnitt, Schauspielführung, Drehbuchschreiben oder Produktion aneignen. 
Nach dem Abschluss fahren einige der Studenten mit dem gemeinsamen Master von ECAL und HEAD fort. «Man braucht einen Bachelor (fast jeder beliebige wird anerkannt), um zum Master zugelassen zu werden», erklärt Anne Delseth und ergänzt: «Unsere Studierenden kommen aus allen Richtungen, einige haben Geisteswissenschaften, andere Philosophie oder Literatur studiert. Alle haben aber schon in irgendeiner Form in der Filmbranche, bei Festivals oder anderswo gearbeitet». 
 

Baier und Perret bringen ihr eigenes Netzwerk mit

Dieses Jahr kommt von den 14 Studierenden (ausgewählt aus über 200 Bewerbungen) die Hälfte ursprünglich aus dem Kunstsektor. Zwei waren vorher an der HEAD, drei an der ECAL, einer hat eine Ausbildung im Modebereich und wieder zwei andere sind Grafiker (siehe dazu das Gespräch mit Carmen Jaquier S.8). Die meisten kommen aus der Schweiz, ein Student stammt aus Griechenland, zwei aus Frankreich. Alle aber haben ein gemeinsames Ziel: In zwei Jahren ein Projekt (einen Film, ein Drehbuch, eine Schnitt- oder Tonarbeit) zu entwickeln und fertigzustellen. Dafür folgen sie keinem herkömmlichen Stundenplan, sondern nehmen an Workshops, Ateliers und Kursen verschiedener Dozenten teil. 
Wie bei jedem Aufnahmeverfahren gehören auch hier ein Motivationsschreiben sowie ein erster Beschrieb der Projektidee ins Dossier. «Ganz oft entsprechen die Abschlussfilme nach zwei Jahren Arbeit nicht mehr der Anfangsidee», so die Koordinatorin des Programms. 
Der Inhalt der Kurse ist nicht schon zum Voraus definiert, sondern wird je nach Ausrichtung (Regie, Drehbuch, Schnitt, Ton oder Produktion) angepasst – wobei es aber nicht möglich ist, ein komplett massgeschneidertes Programm auszuarbeiten. «Unser Programm ist deshalb so vielfältig, weil wir durch den Verbund zweier sehr unterschiedlich ausgerichteter Schulen verschiedenes Know-how, nämlich das von Lionel Baier und das von Jean Perret, Direktor der Filmabteilung ‹Cinéma du réel› der HEAD, anbieten können», erklärt Anne Delseth. «Beide haben ein enormes, aber nicht unbedingt das gleiche Fachwissen, zudem bringt jeder sein eigenes Netzwerk mit. Ein weiterer Vorteil ist unser Anschluss an das Netzwerk Cinema CH, so können wir von der Verschiedenheit der hiesigen Universitäten und Filmschulen profitieren», fügt sie an. 
 

Studienreisen zum Beispiel nach Sarajewo 

Je nach Interesse und Spezialisierung teilen die Studenten ihre Stunden auf Lausanne und Genf auf. Das Material der einen Schule kann immer auch von der andern genutzt werden. Jeder wird zudem von einem Tutor begleitet, der zu seinem Projekt passt. 
So profitieren die Studenten von der Hilfe von Filmemachern wie Eyal Sivan und Ulrike Koch (gewählt von Jean Perret) für das essayistische Kino oder von Sébastien Lifshitz, Quatell Quillévéré oder Marianne Tardieu (eingeladen von Lionel Baier) für die Fiktion. «Diese sind nicht frei wählbar, sondern werden nach der allgemeinen Tendenz der Projekte ausgewählt», präzisiert Anne Delseth. Jedes Jahr wird auch eine grössere Studienreise organisiert. Letztes Jahr beispielsweise besuchten die Studenten  zusammen mit dem Filmemacher Béla Tarr die Film Factory in Sarajevo. 
Der Master ECAL/HEAD wird alle zwei Jahre angeboten (seit dem 17. November kann man sich für den nächsten Studiengang anmelden). Neu werden die Ausrichtungen Ton, Schnitt und Produktion angeboten. «Unser Ziel ist es nicht, nur Regieleute auszubilden», betont Anne Delseth. 
 

Partnerschaften mit Festivals und Institutionen

Auch wenn die Mehrheit der Studenten Schweizer sind, ist es der Schule wichtig, dem Programm eine internationale Ausstrahlung zu geben. «Wir haben Partnerschaften mit zahlreichen Institutionen, wir arbeiten viel mit der französischen Fémis zusammen (École nationale supérieure des métiers de l’image et du son). Deren Schnittleute schneiden übrigens unsere Bachelorfilme und umgekehrt. 
Zudem haben wir viele Partnerschaften mit Festivals wie Angers, Namur oder Clermont-Ferrand. Und durch die Doppelfunktion all unserer Dozenten streut sich der Name unseres Masters weitherum», schliesst Anne Delseth, die selber nicht nur Koordinatorin des Programms ist, sondern auch für den City-Club in Pully sowie für die Quinzaine des Réalisateurs programmiert.

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